Folge 8

Böse Taten, Böse Worte

 

Erneut blickte Buffy auf die Wanduhr in ihrem Büro. Die Zeit schien einfach nicht vergehen zu wollen. Es war grade mal fünf Minuten her, dass sie zuletzt auf die Uhr geblickt hatte. Frustriert seufzte sie auf, und versuchte sich wieder auf ihre Arbeit zu konzentrieren. Doch es klappte einfach nicht.

 

Sie hatte sich von Giles nach langen Diskussionen dazu breit schlagen lassen, das Amulett abzulegen, und ihm für Recherchen zu geben. Schließlich wollte sie ja auch wissen, was es damit auf sich hat. Und als sogar Spike auf sie eingeredet hatte, gab sie schließlich nach, und übergab Giles das Amulett. Buffy fragte sich, ob Spike gar nicht bei ihr sein wollte. Er bestand ja geradezu darauf, dass Buffy das Amulett ablegen würde. Liebte er sie etwa nicht  mehr? Aber die Frage, die sie noch viel mehr beschäftigte war, warum er ihr jetzt so sehr fehlte!

 

Schließlich hatte er in den letzten Tagen keine Gelegenheit versäumt sie in peinliche Situationen zu bringen, und ihr mit seinen ständigem Genörgel den letzten Nerv zu rauben. Die Tatsache, dass ihn niemand sehen konnte schien ziemlich an seinem Ego zu nagen. Schließlich war er immer der große Bösewicht, der allein durch seine bedrohliche Erscheinung beachtet wurde, doch nun konnte ihn niemand außer Buffy sehen und wurde somit von niemanden beachtet. Dementsprechend war er öfter etwas mies gelaunt und stänkerte über alles Mögliche. Besonders über Xander, Giles und Mr. Willington.

 

Eigentlich hätte Buffy froh sein müssen, dass er nicht mehr bei ihr war. Nun konnte sie sich endlich in Ruhe auf ihre Arbeit konzentrieren, aber trotzdem fehlte er ihr sehr. Sie hatte sich schon so sehr an seine Gegenwart gewöhnt. Es war einfach schön zu wissen, dass jemand immer bei ihr sein würde. Dass er bei ihr sein würde. Egal was passieren mag. Es war ein gutes Gefühl. Ein Gefühl der Sicherheit. Zuverlässigkeit.

 

Oder war da mehr? Gab es da noch etwas anderes, dass sie in ihm sah und vermisste? Seitdem er durch das Amulett bei ihr gewesen war, hatte sie nicht mehr über die letzten Momente nachgedacht, in denen sie ihm ihre Liebe gestanden hatte und er vor ihren Augen in einem gleißendem Licht stand. Die letzten Augenblicke, in denen sie beide wussten, dass er sterben würde und sie sich schmerzlich bewusst worden war, dass er längst in ihrem Herzen war.

 

Sie blickte erneut auf die Wanduhr. Keine drei Minuten war es her, als sie zuletzt darauf geschaut hatte. Dieser Arbeitstag wollte wohl nie vergehen.

 

****

 

Willow saß in der Küche über den Laptop, den sie sich von der Schule geborgt hatte und forschte im Internet nach Hinweisen über das Amulett. Giles saß neben ihr und studierte währenddessen das Schmuckstück etwas genauer. Bisher waren die beiden zu keinen neuen Erkenntnissen gekommen. Fest stand nur, dass das Amulett sehr alt sein musste. Aber es gab noch keine Hinweise darauf vom wem, und zu welchem Zweck es gemacht worden war.

 

Xander stieß zu den beiden und fragte neugierig nach: „Na? Schon was entdeckt?“

 

„Nein bisher leider noch nicht“, gab Willow zur Antwort.

 

„Kann ich Euch vielleicht helfen?“

 

Xander kam sich Nutzlos vor. Seit er seinen Job verloren hatte, war er zuhause und chronisch mies gelaunt. Wenn er nicht bald eine neue Aufgabe in seinem Leben bekommen würde, würde er wohl als alter schlecht gelaunter Grießkram enden, dachte er sich in letzter Zeit immer öfter. Er hatte ja schon immer einen leichten Hang zur Übertreibung.

 

Giles meinte auf sein Angebot hin: „Danke, aber falls du in den letzten Wochen nicht überraschender Weise Spezialist für Schmuckstücke aus den vergangenen Jahrhunderten geworden bist, wirst du uns wohl kaum helfen können.“

 

„Verstehe. Und wie wär`s mit Kaffee?“

 

„Hervorragende Idee!“

 

„Sehen Sie Giles, unser Xander ist doch immer eine große Hilfe für uns!“ erwähnte Willow. Sie wollte ihn ein wenig aufbauen, da es für keinen zu übersehen war, wie sehr er unter seinem momentanen Mangel an Nutzen lit.

 

Etwas aufgemuntert durch Willows Worte, setzte Xander schließlich den Kaffee auf. Er stellte sich und den beiden Tassen, Mich und Zucker auf den Tisch und gesellte sich dann zu dem Recherche-Team.

 

„Darf ich mal sehen?“ fragte Xander und deutete dabei auf das Amulett.

 

„Sicher“, erwiderte Giles freundlich und reichte es ihm hin. Dann meinte er zu Willow: „Willow, vielleicht schaust du noch mal nach, ob du etwas aus dem frühen Mittelalter entdeckst. Ich denke, dass es viel älter ist, als wir vermuten.“

 

„Haben sie eigentlich eine Ahnung davon, wie viele Amulette in dieser Art es überhaupt gibt? Wir brauchen irgend einen Anhaltspunkt, damit ich weiß wonach ich suchen kann! So wird das sonst nie was.“

 

„Du hast recht. So werden wir nie etwas finden.“

 

Während Willow und Giles darüber diskutierten, wie aussichtslos die Lage war, begutachtete Xander das Schmuckstück von allen Seiten. Er hob es hoch, um sich den funkelnden Stein genauer zu betrachten, der in der Mitte eingefasst war. Das helle Tageslicht schien durch ihn hindurch und brach sich im Schliff des wertvollen Edelsteines.

                                                                                     

„Ist das eigentlich ein Diamant?“

 

„Nein. Ein Diamant von dieser Größe und Klarheit wäre einzigartig und unbezahlbar. Wir wissen nicht genau, was es für ein Stein ist, aber ich vermute es ist ein Bergkristall. Ein ausgesprochen klares und wertvolles Exemplar.“

 

„Aha“, erwiderte Xander so, als hätte er verstanden, wovon Giles gerade gesprochen hatte und fügte noch fragend hinzu: „Und was ist das für ein Zeichen, dass auf der Rückseite des Steines eingraviert ist?“

 

Giles Aufmerksamkeit richtete sich blitzartig auf Xander und er fragte: „Von welchem Zeichen sprichst du?“

 

„Hier, sehen sie doch.“

 

Xander hielt das Amulett weiter ins Sonnenlicht, das durch das Küchenfenster herein schien und deute mit dem Finger auf die Stelle, an der er es sehen konnte. Giles versuchte zu erkennen, wovon Xander sprach.

 

Wurde das Amulett im richtigen Winkel in die Sonne gehalten, konnte man durch den Edelstein hindurch sehen, dass auf der Rückseite ein winzigkleines Zeichen eingraviert war. Man hätte es auseinander nehmen müssen, um es ohne Licht zu erkennen, da die Rückseite des Steines durch die aufwendige silberne Fassung verdeckt war.

 

Hellauf begeistert nahm Giles das Amulett und ging damit zum Fenster, um sich das Zeichen im Sonnenlicht genauer zu betrachten.

 

„Xander du bist brillant!“ lobte Giles während er noch immer das Zeichen begutachtete und stellte anschließend fest: „Es sieht aus wie Hieroglyphen. Willow such nach ägyptischen Hieroglyphen. Such nach diesem Zeichen.“

 

Er nahm ein stück Papier und kritzelte darauf das Zeichen, dass auf dem Stein eingraviert war. Willow begann sofort zu suchen.

  

 

****

 

Spike bekam von alledem nichts mit. Er war wieder gefangen in diesem unendlichen Raum aus Nichts. Eine Zeit lang war er einfach nur gerade aus gegangen, ohne das Gefühl zu haben, sich wirklich zu bewegen. Dann fing er an zu rennen. Er rannte so schnell er konnte. Er hasste diesen Ort. Er wollte etwas anderes sehen, als dieses helle Licht eingehüllt in einem Nebel aus Nichts. Er wollte Buffy sehen. Er hätte sich sogar gefreut Xander zu sehen. Alles wäre besser gewesen, als das hier.

 

Als nach einer halben Ewigkeit noch immer nichts anderes zu sehen war, gab er schließlich auf und blieb stehen. Er fragte sich, wie lange es schon her war, als Buffy das Amulett abgelegt hatte, und ihn damit hier her zurück verdammt hatte. Anfangs war es noch nicht so schlimm, da er ihre Anwesenheit noch deutlich gespürt hatte, doch nun spürte er nichts mehr. Es kam ihm vor, als wäre er schon ewig hier.

 

Plötzlich bekam er Panik. Was, wenn Buffy ihn für immer hier zurücklassen würde? Was wenn er für immer hier gefangen bliebe? Was wenn ihr etwas zustoßen würde? Was wenn sie in Gefahr wäre? Er wäre nicht im Stande ihr zu helfen. Wäre nicht im Stande ihr beizustehen. Nervös fuhr er sich mit beiden Händen durchs Haar. Wenigstens konnte er sich selbst spüren, wenn schon nichts anderes auf der Welt.

 

Er versuchte sich selbst zu beruhigen. Sagte sich selbst, dass Buffy ihn nicht in Stich lassen werde. Sie würde ihn sicher bald wieder an ihrem Leben teilhaben lassen. Bald würde sie das Amulett wieder umlegen. Bald würde er sie wieder sehen können. Bald.

 

****

 

Wütend stopfte Andrew im Keller die Wäsche in die Trommel. Er war sauer auf die anderen. Zwar wusste er nicht weswegen er genau sauer war, aber er hatte diese unmächtige Wut in sich, was einem gewissen Kobold nicht entgangen war. Bertolin stichelte noch zusätzlich auf Andrew ein, indem er behauptete, dass sich die anderen nichts um ihn scherten. Und ihn alle für einen Haustrottel halten würden, der grade gut genug dazu wäre die Hausarbeiten zu erledigen. Somit stieg Andrews Wut immer mehr an. Er fühlte sich ungerecht behandelt.

 

****

 

Buffy erschrak, als Mr. Morgan plötzlich zu ihr herein stürmte und lauthals zu brüllen begann: „Wo ist das Schreiben von der Stadtverwaltung, das gestern gekommen ist?“

 

„Ich habe es ihnen gestern mit der anderen Post gebracht“, kam es schüchtern von Buffy.

 

Mr. Morgan brüllte weiter: „Es ist nicht mehr da! Was ist das eigentlich für ein Saustall hier? Als die Schwangere noch da war, war es viel sauberer! Sehen sie gefälligst zu, dass sie für Ordnung sorgen! Und suchen sie dieses verdammte Schreiben!“

 

Mit diesen Worten verschwand er wieder in sein Büro, und ließ die Türe laut hinter sich zuknallen.

 

Buffy sah ihm fassungslos hinterher. Langsam keimte Wut in ihr auf. Wofür hielt sich dieser „Arsch“ eigentlich? Sie war schließlich die Jägerin! Sie hatte die Welt schon öfter gerettet, als er sich die Haare gewaschen hat. Am liebsten wäre sie zu ihm ins Büro gegangen und hätte ihn mal kurz am Kragen gepackt und über den Schreibtisch gezogen! Buffy überlegte ernsthaft zu ihm zu gehen, um ihm ordentlich die Meinung zu sagen, doch ein weiterer Blick auf die Uhr verriet ihr, dass sie bereits Feierabend hatte. Deshalb beschloss sie einfach zu gehen. Sollte er sich seinen Brief doch gefälligst selber suchen.

 

****

 

Kennedy kam von einer kleinen Shopping-Tour nachhause und sah, dass Willow noch immer über dem Computer saß. Sie ärgerte sich, dass Willow keine Zeit mit ihr verbringen wollte und begann zu meckern: „Wirst du die Nacht auch mit diesem Ding verbringen?“

 

Giles und Xander waren total perplex über Kennedys schroffe Art. Noch erstaunter blickten sie dann aber auf Willow, als diese ebenso unfreundlich antwortete: „Na und? Du hast doch eh keine Zeit. Du musst ja unbedingt auf Vampirjagd gehen.“

 

„Hey! Schon vergessen? Ich bin eine Jägerin. Es ist meine Pflicht zu jagen.“

 

„Buffy ist die Jägerin! Du hast deine Kräfte nur, weil ich sie dir gegeben habe. Ohne mich wärst du ein Niemand.“

 

Langsam artete die Sache zu einem richtigen Streit aus. Willow erhob sich von ihrem Platz und funkelte Kennedy bedrohlich entgegen. Diese ließ sich nicht im geringsten Einschüchtern und konterte mit ebenso bösen Blicken.

 

„Und du bist eine Hexe, die nicht zaubern kann, weil sie fürchten muss zum Monster zu mutieren!“

 

„Ich kann sehr wohl zaubern! Ich kann es dir ja beweisen, wenn du willst!“

 

Xander schaltete sich endlich ein und versuchte zu schlichten: „Wow wow wow beruhigt euch wieder! Was ist denn los mit euch? Hört auf zu streiten, bevor jemand etwas sagt oder tut, was er später bereuen wird.“

 

Kennedy reagierte auf Xander ebenso böse und schrie: „Halt dich da raus! Steck deine Nase nicht in Dinge, die dich nichts angehen!“

 

Dann stapfte sie wütend nach oben in ihr und Willows gemeinsames Zimmer.

 

Willow fügte ebenso lautstark zu Xander hinzu: „Nur weil du dich Nutzlos fühlst mit deinem einem Auge, brauchst du dich nicht in unsere Angelegenheiten einzumischen!“

 

Plötzlich wurde Xander ebenso wüten und konterte: „Verdammt Willow! Lad bitte deinen Frust nicht auf mir ab OK? Schließlich kann ich nichts dafür, wenn’s bei euch Weibern im Bett nicht mehr läuft!“

 

Nun war es Giles der versuchte einzuschreiten, bevor die Situation eskalieren würde.

 

„Willow! Xander! Beruhigt euch. Es gibt keinen Grund zu streiten.“

 

„Oh doch!“ antworteten die beiden synchron, obwohl eigentlich niemand genau wusste, weswegen sie sich wirklich stritten.

 

„Also wirklich, die heutige Jugend hat nicht die geringsten Manieren“, erwiderte Giles entrüstet.

 

Buffy war gerade nachhause gekommen und stieß nun zu den dreien in der Küche.

 

„Hallo Leute, wie geht’s? Kann ich das Amulett wieder haben?“

 

Willow und Xander funkelten sich noch immer böse an, während Giles plötzlich übertrieben laut zu Buffy schrie: „Nein kannst du nicht!“

 

Buffy war sehr erstaunt über Giles Ausbruch. Xander schrie dann zu Willow: „Du hältst mich also für Nutzlos? Und was bist dann du? Eine Hexe, die nichts taugt, pah!“

 

„Ich werde dir zeigen, zu was ich tauge!“ schrie Willow und wollte gerade ihre Hände für einen Zauber erheben, was Buffy jedoch noch rechtzeitig zu verhindern wusste, indem sie zwischen die beiden trat und eine beruhigende Hand auf Willow legte.

 

„Hey Will, was soll das? Du kannst doch Xander nicht mit einem Zauber belegen.“

 

„Ach lasst mich doch alle in Ruhe!“ meinte Willow verärgert und stapfte hoch zu Kennedy.

 

„Was ist hier los?“ wollte Buffy wissen, erntete aber nur böse Blicke von Giles und Xander. Als ihr keiner Antworten wollte fing auch sie an zu schreien und fragte: „Was ist hier los?“

 

Andrew kam mit einem Korb Schmutzwäsche aus dem Keller zu ihnen hoch und fing sofort an zu meckern: „In Zukunft wascht ihr eure Dreckwäsche gefälligst selber!“

 

Er leerte den Korb mitten in der Küche aus und warf den Korb wütend hinterher. Jetzt war es Giles, der zornig reagierte: „Du hast hier gar nichts zu melden! Du kannst froh sein, wenn wir dich nicht der Polizei übergeben. Die würde sich sehr für den Mord an deinem Freund interessieren. Du tust gefälligst was man dir sagt!“

 

Buffy lenkte ein: „Schreien Sie hier nicht so rum! Wenn hier einer schreit, dann bin ich das. Schließlich bin ich die Jägerin! Krieg ich jetzt das Amulett oder nicht?“

 

Giles und Andrew schmissen sich noch weitere Beleidigungen gegenseitig an den Kopf, während Xander sich an Buffy wand.

 

„Dieses Scheißding, ist wohl das einzige, was dich noch interessiert was?“ fragte er verärgert, griff sich das Amulett, warf es ihr entgegen und fügte hinzu: „Hier, kannst dich ja wieder mit deinem Blutsauger unterhalten, wenn wir dir nicht mehr gut genug sind.“

 

Daraufhin drehte er sich beleidigt um und verließ das Haus. Buffy nahm das Amulett und legte es sich um. Spike erschien sogleich und betrachtete sich besorgt das Szenario. Er hatte anhand von Buffys Worten, die er gehört hatte und an ihrer Stimmung erkannt, das etwas nicht stimmte. Doch da Buffy die einzige war, die er hatte hören können war ihm nicht klar was vorher vor sich gegangen war. Freundlich lächelte er Buffy an, aber sie schenkte ihm nur einen wütenden Blick. Die selbe Wut glänzte auch in Giles und Andrews Gesicht, die sich noch immer anschrieen.

 

Oben von Willows und Kennedys Zimmer konnte er die beiden hören wie sie sich ebenfalls lautstark stritten. Buffy fing wieder an auf Giles und Andrew einzuschimpfen, als Spike versuchte herauszufinden, was hier nicht stimmte. Er fragte Buffy: „Buffy, Liebes, alles in Ordnung? Weshalb streitet ihr euch alle?“

 

Und Buffy reagierte auf ihn ebenso wütend wie auf die anderen: „Halt dich da raus! Was verstehst du schon. Du bist doch nur ein nervender zahnloser Vampir, und nicht mal das bist du noch! Du bist ein Nichts!“

 

Spike war geschockt. Diese Worte verletzten ihn sehr. Das war es also, was Buffy über ihn dachte? Er eilte aus der Küche, durch die Wand, aus dem Haus so weit er konnte. Bis ihm die unsichtbare Macht daran hinderte weiter zu laufen. Er musste sich erst mal beruhigen. Einen klaren Gedanken fassen. Etwas ging hier vor. Etwas sehr seltsames. Etwas böses.

 

****

Xander eilte die Straße entlang und suchte verzweifelt nach einer Ablenkung. Die verletzenden Worte, die Willow zu ihm gesagt hatte bohrten sich unerbittlich in sein Gedächtnis. Er war so wütend. Mit aller Kraft stieß er eine am Straßenrand stehende Mülltonne um, so dass sich der ganze Müll auf der Straße verteilte.

 

Er ging ein Stück weiter und sah überall Menschen auf der Straße, die sich wütend anschrieen und miteinander stritten. Drei Männer auf der anderen Straßenseite gingen auf einander los. Sie schlugen sich gegenseitig die Fäuste ins Gesicht, ohne dass es irgendjemanden kümmerte. Keiner hielt sie dabei auf. Ein paar Jugendliche liefen über die Straße und schlugen die Fenster der Häuser mit Steinen ein.

 

Eine Frau drosch mit einem Baseballschläger auf das Auto eines Postboten ein. Welcher wiederum bei der Frau im Garten stand und ihr hübsches Rosenbeet zerstörte. Je weiter Xander ging, desto größer war das Chaos. Autos standen herrenlos auf der Straße herum. Die Halter der Wagen standen mitten in der Straße und stritten sich lautstark. Sie blockierten den Verkehr, was wiederum weitere Fahrer dazu animierte lauthals zu brüllen und ihrer Wut freien Lauf zu lassen.

 

****

 

Andrew war wieder in den Keller gestürmt und lief zu Ethan Rayne. Dieser war mehr als erstaunt, als Andrew die Eisenmanschetten von ihm löste, und ihn befreite.

 

„Los verschwinde endlich! Das wird den anderen eine Leere sein!“ forderte Andrew ihn auf endlich das Haus zu verlassen.

 

Dieser ließ sich so etwas natürlich nicht zweimal sagen, und eilte sofort nach oben und konnte unbemerkt das Haus verlassen.

 

Spike traute seinen Augen nicht, als er Ethan davon eilen sah. Leider konnte er ihn nicht aufhalten, weswegen er sofort zurück ins Haus eilte, um Buffy zu verständigen.

 

Diese war in einem heftigen Streit mit Giles verstrickt und reagierte anfangs gar nicht auf Spike. Als Buffy endlich mitbekam, dass Ethan Rayne sich verdrückt hatte, war er schon längst über alle Berge. Wieder wurde sie beleidigend ihm gegenüber und sagte: „Du taugst wirklich zu gar nichts! Nicht einmal einen Gefangenen von der Flucht abhalten kannst du!“

 

Spike bemühte sich Buffys Worte nicht all zu sehr zu Herzen zu nehmen. Irgendetwas ging hier vor. Er blieb ruhig und sagte: „Buffy, kommt dir das alles nicht komisch vor? All diese Streitereien. Hier stimmt doch etwas nicht. Siehst du nicht, was hier los ist?“

 

Buffy hörte nicht auf seine Worte, denn Andrew kam hämisch lächelnd herein und gab ohne umschweife seine Tat zu: „Ich habe diesen Rayne rausgeworfen!“

 

„WAS?“ schrie Buffy, packte Andrew am Kragen und drückte ihn gegen die Wand. „Dafür werde ich dich umbringen!“

 

„Pah, du kannst mich nicht umbringen! Ich bin ein Mensch“, erwiderte Andrew und meinte noch zu Giles: „Giles sagen sie es ihr! Sie kann nur Dämonen töten!“

 

„Als wenn es was nützen würde, wenn ich was sage. Auf mich hört hier doch keiner mehr!“ gab dieser nur beleidigt von sich und achtete nicht einmal darauf, dass Buffy gerade begann Andrew zu würgen.

 

Spike stürmte an Buffys Seite und begann auf sie einzureden: „Buffy! Hör auf damit! Du bringst ihn noch um.“

 

„JA! Das ist ja der Sinn der Sache.“

 

„Das willst du nicht wirklich! Irgendetwas zwingt dich dazu. Buffy das ist Andrew. Er ist dein Freund. Er ist ein Mensch. Du würdest niemals einen Menschen töten! Denk doch mal nach! Das hier willst du nicht tun.“

 

Andrew begann schon zu röcheln. Langsam fingen Spikes Worte an zu Buffy hindurch zu dringen. Langsam wurde ihr bewusst, was sie gerade im Begriff war zu tun. Sie wollte Andrew töten. Sie wollte es wirklich, aber das war nicht richtig. Etwas stimmte nicht. Verwirrt ließ sie ihn los und starrte auf ihre Hände.

 

Als Buffy ihn losließ, sank Andrew zusammen und hustete. Danach beeilte er sich davon zu kommen, bevor sie es sich noch einmal überlegen würde. Giles sah ihm enttäuscht hinterher und fragte Buffy: „Warum hast du ihn nicht getötet? Er hätte es verdient.“

 

„Gott Giles, wenn es nicht so vollkommen absurd wäre, würde ich ihnen beinahe zu dieser Aussage gratulieren.“

 

Buffy blickte noch immer verwirrt auf ihre Hände herab. Sie wollte Andrew wirklich töten. Geschockt über sich selbst und mit Tränen in den Augen sah sie zu Spike und meinte: „Ich wollte ihn töten!“

 

„Nein Liebes, du wolltest es nicht wirklich. Etwas hat dich dazu getrieben. Etwas bringt euch alle dazu sich zu verändern und gegenseitig zu verletzten.“

 

Ein lautes donnerndes Geräusch kam plötzlich von oben.

 

„Willow!“ meinte Buffy nur, und stürmte sogleich hinauf.

 

Mit erhobenen Händen und dunkel funkelnden Augen stand Willow im Zimmer und sprach eine lateinische Formel. Eine dunkle Rauchwolke hatte sich über ihrem Kopf gebildet. Kennedy stand etwas entfernt und packte sich gerade einen Stuhl, den sie nach ihrer Freundin werfen wollte.

 

Buffy eilte rasch zu Willow und hielt ihr den Mund zu. Wie Spike es eben bei ihr getan hatte, versuchte sie jetzt auch Willow zu überzeugen, dass sie das nicht wirklich wollte: „Willow, das ist Kennedy! Ihr liebt euch! Erinnere dich. Du würdest ihr niemals etwas antun wollen!“

 

Verwirrt blickte Willow auf Buffy. Langsam wurde auch ihr bewusst, was sie gerade tun wollte.

 

„Pass auf! Hinter dir!“ warnte Spike gerade noch rechtzeitig. Kennedy wollte gerade mit dem Stuhl ausholen und ihn Buffy überziehen. Buffy konnte den Stuhl noch abfangen und warf ihn zur Seite. Als Kennedy zu einem Schlag ausholte, reagierte Buffy reflexartig, und verpasste ihr einen kräftigen Fausthieb ins Gesicht, sodass sie zurücktaumelte. Bevor Kennedy wieder zu einem Angriff ausholen konnte, sprach Buffy auch auf sie ein und sagte: „Kennedy du willst das nicht tun! Denk nach. Du willst nicht gegen mich kämpfen. Ich bin’s Buffy. Wir sind Freunde!“

 

Kennedy stutzte kurz, was Buffy nützte um noch weiter auf sie einzureden, bis auch sie sich schließlich beruhigte.

 

Buffy bestand darauf, dass sie alle gemeinsam wieder nach unten in die Küche gehen sollten. Dort saß immer noch Giles und war immer noch wütend und beleidigt. Als er Willow sah, begann er wieder zu schimpfen: „Wann lernst du endlich dich unter Kontrolle zu halten!“

 

Gerade wollte Willow etwas erwidern, als Buffy ihr ins Wort fiel: „Klappe halten! Alle! Niemand streitet, OK!?“

 

„Was willst du denn dagegen tun? Schlägst du uns allen die Nase ein?“ fragte Kennedy in herablassendem Ton.

 

Spike sah mit schrecken, dass das Ganze wieder von vorne loszugehen schien. Buffy wollte grade wieder auf Kennedy losstürmen, als er sie wieder beruhigte: „Buffy ganz cool bleiben! Ihr alle steht unter irgendeinem magischen Einfluss! Jemand zwingt Euch dazu. Ihr müsst einen Weg finden ruhig zu bleiben und euch nicht die Köpfe einzuschlagen.“

 

„Du hast recht.“

 

An die anderen gewandt meinte sie: „Hört zu Leute. Wir stehen alle unter einem Zauber, der uns dazu bringt miteinander zu streiten und Dinge zu sagen, die wir nicht so meinen. Wir müssen herausbekommen, wer dahinter steckt, bevor jemand von uns etwas tut, was er später bereuen wird.“

 

Buffy wurde von den anderen nur unverstanden angeblickt. Jeder verspürte innerlich eine so unmächtige Wut, dass es kaum in Worte zu fassen war.

 

Xander stürmte nun wieder herein und fing aufgeregt und wütend an Buffy anzuschreien: „Buffy warum stehst du hier immer noch rum? Draußen ist die Hölle los! Alle Menschen spielen verrückt und schlagen sich gegenseitig die Köpfe ein, und dich kümmert das überhaupt nicht. Solltest du nicht irgendetwas dagegen unternehmen, anstatt dich nur um Blondy zu kümmern?!“

 

Auch wenn es nicht gerade nett und freundlich von Xander kam, so war Buffy doch froh, dass Xander ihnen dies berichtet hatte, denn nun wurde auch den anderen langsam klar, dass es sich um eine übernatürliche Macht handeln musste.

 

Giles hatte sich als erster etwas beruhigt und meinte: „Wir stehen alle unter einem übernatürlichem Einfluss, der uns dazu zwingt wütend auf einander zu sein.“

 

Buffy erwiderte: „Genau das habe ich die ganze Zeit versucht euch zu erklären!“

 

„Also gut, wir müssen uns nur zusammen nehmen, und dürfen nicht unsere Wut ausbrechen lassen. Wir sind doch zivilisierte Menschen, da dürfte das nicht so schwer sein“, erklärte Giles sachlich, starrte jedoch dabei auf Xander, dem das alles nicht zu interessieren schien und gerade dabei war wieder zu gehen. Bevor dies jedoch geschehen konnte, schrie Giles ihn wütend an: „Xander! Du bleibst gefälligst hier, sonst...“

 

„Sonst was?“ fragte Xander wütend, während er sich aufplusterte und bedrohlich vor Giles aufstellte.

 

Spike verlor langsam die Geduld. Bei der kleinsten Reaktion fingen alle an sich gegenseitig an den Hals zu gehen. So hatte das keinen Sinn. Je mehr Zeit sie damit verschwenden würden, sich gegenseitig zu streiten, umso schlimmer könnte es werden.

 

„Buffy du musst einen Weg finden, dass ihr euch endlich beruhigt. Wir verlieren nur Zeit!“

 

„Das sehe ich selber. Und ich spüre es selber. Ich könnte vor Wut die Decke hoch laufen. Der einzige, der nicht davon betroffen ist, bist wohl du?“ erwiderte Buffy. An Giles gewand fügte sie hinzu: „Gibt es einen Dämon, der solche Gefühle in den Menschen hervorrufen kann?“

 

Xander ignorierend meinte Giles: „Es gibt mehrere. In meinem Hotelzimmer habe ich ein paar Bücher, in denen wir vielleicht etwas dazu finden könnten.

 

„OK Leute! Hört mir jetzt mal alle zu! Von jetzt an wird keiner mehr was sagen! Absolute Funkstille, verstanden? Niemand wird jemanden beleidigen oder wehtun! Wir gehen jetzt alle gemeinsam zu Giles Hotelzimmer und forschen nach, wer hinter alledem steckt. Dann werden wir es vernichten, egal was es auch ist.“

 

Betroffen schauten alle drein und nickten ihr zu. Allen war bewusst geworden, dass die Wut in ihnen gefährliche Auswirkungen haben konnte und niemand wollte den anderen ernsthaft verletzten, weswegen sie sich schließlich gemeinsam auf den Weg zu Giles machten.

 

Unterwegs suchte Buffy kurz Abstand zu den anderen, und flüsterte zu Spike: „Bitte erzähl mir irgendwas nettes. Irgendwas, was mich beruhigt, und womit ich diese Wut unter Kontrolle halten kann. Du bist der einzige, der mich und somit die anderen in Zaum halten kann.“

 

„Ich liebe dich!“

 

Verwirrt blieb Buffy stehen und starrte auf ihn. Obwohl er es schon so oft zu ihr gesagt hatte, schien es jetzt zum ersten Mal eine tiefere Wirkung auf sie zu haben. Seine Worte haben sie so sehr berührt, dass sie feuchte Augen bekam. Sie wollte etwas erwidern. Wollte ihm sagen, dass sie ihn auch liebte, doch diese unbändige Wut in ihr verhinderte, dass sie die richtigen Worte fand. Als sie merkte, dass die anderen ohne sie weiter gegangen waren, zwang sie sich selbst ihren Blick von Spike abzuwenden und eilte den anderen hinterher.

 

Spike wusste nicht, was dies gerade zu bedeuten hatte. Irgendwas war soeben geschehen, aber er hatte nicht in ihre Gedanken sehen können, um sich einen Reim daraus machen zu können. Nachdenklich folgte er ihr schließlich.

 

****

 

Im Hotelzimmer machten sich alle sogleich in Giles Büchern auf die Suche nach einem Zauber oder einem Dämon, der eine solche Wut in den Menschen hervorrufen konnte. Während des ganzen Weges hier her und während der Recherchen hatte Spike liebevoll und beruhigend auf Buffy eingeredet. Sie war noch nie so froh um seine geisterhafte Gegenwart wie in diesem Moment. Die anderen hatten nichts davon mitgekommen, doch sobald einer von ihnen von der Wut überwältigt wurde, konnte Buffy beruhigend auf ihn einwirken, sodass die ganze Gruppe einigermaßen friedlich zusammen in einem Raum bleiben konnte.

 

Nach ein paar Stunden Recherche meinte Willow in einem eher genervten Ton: „Ich glaub ich hab was.“

 

Sie schmiss Giles das offene Buch förmlich in den Schoß und verschränkte trotzig die Arme vor ihrer Brust.

 

Dieser warf einen Blick in das Buch und sagte: „Ja, das könnte es sein... Asmodeus, auch genannt als Asmodäus, Asmodi, Ashmodai oder Aeshma Daeva und noch viele weitere Bezeichnungen. Es gibt mehrere unterschiedliche Berichte über diesen Dämon. Allgemein ist er auch als Dämon der Raserei, der Begierde und des Zornes bekannt. Laut berichten eines Wächters hat Asmodeus im Jahre 1636 eine ganze Stadt in Aufruhr gebracht. Allein durch seine Anwesenheit verbreitete er Zorn und Hass unter den Menschen, wodurch diese sich dann gegenseitig bekämpften. Das würde vieles erklären.“

 

Buffy richtete all ihre Aufmerksamkeit auf Giles und fragte ungeduldig: „Wie können wir ihn vernichten?“

 

„Dazu müssten wir ihn erst einmal finden. Er hat vermutlich eine Menge Lakaien um sich, diese heißt es dann zu überwinden, und wenn wir ihn dann erreicht haben, muss ihn jemand mit der Kraft der Liebe töten.“

 

„Mit der Kraft der Liebe? Was soll das heißen?“

 

„Keine Ahnung.“

 

„Also gut, Xander du warst vorhin in der Stadt unterwegs. Wo war das Chaos am größten? Vielleicht finden wir ihn, wenn wir dort hingehen.“

 

„In der Nähe des Stadtparks, war es am schlimmsten glaube ich.“

 

„Gut, dann gehen wir genau dort hin.“

 

****

 

Je näher die Truppe zum Stadtpark gelang, umso schlimmer wurde das Chaos auf den Straßen. Mehrere Menschengruppen gingen wütend auf einander los und schlugen mit bloßen Fäusten aufeinander ein. Andere tobten sich an Schaufenstern, Parkbänken, Straßenlaternen, Autos oder sonstigen Dingen aus, die sich entlang der Straße befanden.

 

Nachdem noch keine Spur von Asmodeus oder seinen Untertanen zu sehen war, ging die Gruppe weiter in den Stadtpark. Erstaunt beobachteten sie dort ein junges Mädchen, dass sich gerade ziemlich gekonnt mit ein paar Vampiren schlug. Das musste die andere Jägerin sein, von der Buffy vor einiger Zeit erfahren hatte. Bisher war sie ihr noch nicht begegnet, weswegen sie nun interessiert näher kam, um dem Mädchen zu helfen und sie sich genauer zu betrachten. Ihr langes hellblondes Haar war zu einem dicken Zopf zusammengebunden und ihre strahlend blauen Augen waren sogar in der Dunkelheit zu erkennen. Bei ihrem Anblick musste Buffy unweigerlich an Spike denken. Sie hätte eine Schwester von ihm sein können. Ihre Art zu kämpfen und ihr gut gebauter und durchtrainierter Körper ähnelten derer von Buffy selbst, weswegen Buffy sie erst neugierig beobachtete und dann schließlich mit in den Kampf eingriff.

 

Kennedy zögerte nicht, und griff ebenfalls mit in den Kampf ein. Die Vampire kamen geradezu wie gerufen, da die Jägerinnen an ihnen ihrer Wut freien Lauf lassen konnten. Deshalb dauerte es auch nicht lange, bis die Drei alle fünf Vampire zu Asche verwandelten.

 

Aufgebracht kam nun das Mädchen näher und fragte: „Hey wer seid Ihr? Wer hat Euch erlaubt sich hier einzumischen? Sucht Euch gefälligst eigene Vampire!“

 

„Ich bin Buffy, und das ist Kennedy wir sind Jägerinnen genauso wie du.“

 

„Woher wollt Ihr wissen wer oder was ich bin?“

 

„Das ist eine lange Geschichte. Und jetzt ist kein guter Augenblick für Unterhaltungen. Hast du hier einen Dämon gesehen? Mit ein paar Lakaien unter sich?“

 

„Nein. Aber eine menge Vampire schleichen heute hier rum. Deutlich mehr als gewöhnlich.“

 

„Giles, könnte Asmodeus Vampire als Untertanen um sich geschart haben?“

 

„Ja, das könnte sein.“

 

„OK, also gut, dann lasst uns diesen Dämon endlich killen, bevor ich hier noch zum Mörder werde.“

 

Und das meinte sie auch so, denn je näher sie ins Zentrum des Parks gelangen, desto größer und unmächtiger wurde die Wut in ihnen.

 

Nach ein paar weiteren Schritten erkannte Buffy endlich ihren Gegner. Asmodeus tauchte vor ihnen auf und grinste ihnen mit seiner Dämonenfratze entgegen. Er war gut zwei Köpfe größer als Buffy, hatte eine lilafarbene schuppige Haut, zwei geschwungene Hörner und rot funkelnde Augen. Seine Beine ähnelten den Hufen eines Stieres und an seinen großen Pranken hatte er lange spitze Krallen. Er sah aus, als wäre er der Hölle persönlich entsprungen.

 

Selbstgefällig grinste er auf die kleine Gruppe herab und begrüßte sie überfreundlich: „Seid gegrüßt! Ich hatte gehofft hier auf Jägerinnen zu treffen. Jetzt, da es ja mehrere von Euch gibt. Willkommen in meiner neuen Stadt. Fühlt Euch wie zuhause!“

 

Die freundlichen Worte drangen tief in die Gehirne der Gruppe und lösten dort noch mehr Wut aus, als sie ohnehin schon hatten. Xander stürmte plötzlich auf Giles los und fing an auf ihn einzuprügeln. Willow wollte gerade einen vernichtenden Zauber gegen Kennedy richten, diese sprang jedoch noch rechtzeitig ihr entgegen und begann ebenfalls auf sie einzuschlagen. Die fremde Jägerin währenddessen ging auf Buffy los, und die beiden begannen einen heftigen Kampf. Spike stand machtlos daneben und musste mit ansehen, wie sich alle gegenseitig regelrecht die Köpfe einschlugen.

 

Buffy war der fremden Jägerin eindeutig überlegen. Sie hatte wesentlich mehr Erfahrung im Kampf und war auch stärker. Nach einem kurzem Gerangel, hatte Buffy sie an einem Baum fixiert und drückte ihr mit aller Kraft die Gurgel zu.

 

Spike eilte an ihre Seite und versuchte wieder beruhigend auf sie einzureden. Doch Buffy schien ihn gar nicht wahrzunehmen. Stattdessen blickte sie nur mit rasender Wut auf die fremde Jägerin und drückte ihr weiterhin die Kehle zu. Das Mädchen konnte jeden Augenblick das Bewusstsein verlieren. In letzter Verzweiflung glitt Spike direkt durch den Körper des Mädchens hindurch, sodass Buffy ihn nun direkt ansehen musste.

 

In direktem Blickkontakt, redete er wieder auf sie ein: „Buffy! Hör auf damit! Du bringst sie noch um. Komm endlich wieder zur Vernunft. Du willst das doch nicht. Denk nach! Buffy! Sieh mich an. Ich bin es, Spike. Liebes! Bitte komm endlich zu dir.“

 

Irritiert lies sie endlich das Mädchen los. Ihre Augen fest auf Spike gerichtet begann sie langsam zu realisieren, was gerade vor sich ging. Aus Angst die Wut könnte sie wieder übermannen, wagte sie es nicht den Blick von ihm abzuwenden. Spike redete weiter auf sie ein, und ging ein Stück zur Seite. Immer weiter, sodass direkt hinter ihm Asmodeus zu sehen war, dann zeigte er auf den Dämon und befahl Buffy regelrecht: „Das ist dein Feind! Ihn musst du vernichten damit der Spuk ein Ende hat. Richte deine Wut auf ihn!“

 

Wie in Trance folgte Buffy mit ihrem Blick der Richtung, in die Spike zeigte und sah dort den Dämon Asmodeus. Wie Spike es ihr gesagt hatte, richtete sie all ihre Wut auf den Dämon und griff ihn an. Genauso wie sie vorher das Mädchen angegriffen hatte, bekam Buffy von ihrer Umwelt nichts anderes mehr mit, als nur ihren Feind vor Augen.

 

Mit aller Kraft und gewaltigen Schlägen begann Buffy auf den Dämon einzuschlagen. Dieser war zwar sehr groß und hatte auch sehr viel Kraft, aber seine Reflexe waren nicht die schnellsten. Buffy musste zwar immer wieder Schläge mit seiner gewaltigen Pranke einstecken, aber es gelang ihr den meisten Angriffen geschickt auszuweichen und immer wieder gezielte Treffer zu landen. Wieder erwischte sie der Dämon, sodass sie durch die Luft zurück gewirbelt wurde. Doch sie richtete sich sofort wieder auf, und stürmte erneut auf ihn zu.

 

Spike beobachtete gebannt die Geschehnisse rundherum. Giles und Xander kämpften energisch miteinander, wobei sich Spike fragte, wie dieser Wächter nur in der Lage war Buffy das Kämpen beizubringen, obwohl er selbst nicht mal mit Xander fertig wurde. Kennedy hielt währenddessen Willow einigermaßen im Griff, wodurch diese zu Glück ihre magischen Kräfte nicht einsetzten konnte. Jedoch musste Willow dabei einige empfindliche Schläge von der Jägerin einstecken. Spike hoffte ehrlich, dass sich dieser Schlagaustausch später nicht negativ auf ihre Beziehung auswirken würde. Die fremde Jägerin saß angelehnt an dem Baum und kam einigermaßen wieder zu sich. Spike hoffte nur, dass Buffy den Dämon erledigt haben würde, bevor dieses Mädchen wieder auf sie losgehen würde.

 

 

Endlich zeigten die kräftigen Hiebe, die Buffy dem Dämon verpasste Wirkung. Asmodeus begann zu taumeln, bis er schließlich rücklings zu Boden stürzte. Ohne Gnade sprang Buffy auf ihn und rammte ihre Faust immer wieder in sein Gesicht. Solange, bis das dunkelviolette Blut des Dämons in alle Richtungen spritzte. Als der Dämon starb, endete auch der Einfluss des Hasses und der Wut, den er über die Menschen ausgeübt hatte. Über und über voller stinkendem Blut erhob sich Buffy von dem toten Dämon und sah sich verwirrt um.

 

Xander und Giles hatten ihren Kampf abrupt beenden und starrten sich gegenseitig irritiert und ungläubig an. Genauso wie Kennedy und Willow.

 

Buffy ging ein paar Schritte weiter zu den anderen, und so standen nun alle stumm reihum nebeneinander und wagten nichts zu sagen. Zu viele Beleidigungen waren gefallen. Zu viel war gesagt worden.

 

Spike trat näher an Buffy heran und fragte: „Alles wieder in Ordnung, Liebes?“

 

Buffy antwortete nicht, sondern schenkte ihm nur ein dankbares Lächeln. Wäre er nicht gewesen, hätte sie sich in ihrer Wut verloren und zuerst Andrew und dann dieses Mädchen umgebracht. Dafür war sie ihm sehr dankbar.

 

Vieles war vorgefallen in der kleinen Truppe, was bei jedem Spuren hinterlassen hatte. Buffy wollte mit der neuen Jägerin sprechen, aber diese war genauso rasch verschwunden, wie sie aufgetaucht war. Gemeinsam gingen sie niedergeschlagen zurück zum Scoobyhaus.

 

****

 

Kennedy bereitete für alle Tee in der Hoffnung, dass eine Tasse warmen Tee allen gut tun würde. Es herrschte eine bedrückende Stimmung im Haus. Andrew und Bertolin gesellten sich ebenfalls zu den andern, aber wagten ebenso wenig etwas zu sagen.

 

Plötzlich öffnete sich die Haustüre, und Dawn kam nachhause. Sie war wie mit Buffy besprochen nach der Schule zu einer Freundin gefahren um gemeinsam zu lernen. Ihre Freundin wohnte am anderen Ende der Stadt, wodurch sie nichts von dem Aufruhr mitbekommen hatte. Quietschfidel kam sie herein und begrüßte die anderen. Mit trüben Gesichtern blickten sie ihr nur verhalten entgegen.

 

„Hey Leute, was ist euch denn für eine Laus über die Leber gelaufen? Steht schon wieder ein Weltuntergang bevor?“

 

Kennedy und Buffy kamen gerade mit Teetassen beladen aus der Küche ins Wohnzimmer. Als Buffy ihre Schwester sah, ging sie auf sie zu, und umarmte sie liebevoll: „Oh Dawnie, Schatz, ich bin so froh, dass du heute nicht hier warst!“

 

„Heißt das ich darf öfter zu Michele gehen?“

 

„Meinetwegen. Solange ihr euch nicht wieder in den magischen Künsten übt.“

 

„Großes Ehrenwort! Aber was war denn hier los bei euch? Warum seid ihr alle so mies drauf?“

 

„Ein Dämon war in der Stadt. Asmo-Irgendwas hieß er. Er hat in allen Menschen rings um sich herum Wut und Hass ausgelöst. Dadurch waren wir alle sehr wütend auf einander, und wir haben alle Dinge gesagt, die uns jetzt sehr leid tun. Nicht war?“

 

Dabei richtete sie einen Fragenden Blick in die Runde.

 

Willow erläuterte weiter: „Ja. Ich habe zu Xander gesagt, dass er Nutzlos sei, seitdem er nur noch ein Auge hat. Das wollte ich nicht. Ehrlich! Ich finde nicht das du Nutzlos bist. Wir alle brauchen dich.“

 

Xander antwortet daraufhin: „Es tut mir leid, dass ich dich eine Hexe, die nichts Taugt genannt habe. Und Buffy, es tut mir leid, dass ich zu dir sagte, dass dich nichts anderes mehr als Spike interessieren würde. Ich weiß, dass das nicht wahr ist.“

 

Giles schloss sich an und sagte: „Es tut mir auch leid. Alles was ich gesagt und getan habe. Ich dachte immer ich sei zivilisiert genug um mich unter Kontrolle zu halten, aber wie ich sehe, war das nicht so. Ich möchte mich bei euch allen entschuldigen.“

 

Kennedy war die Nächste, die etwas zu sagen hatte: „Mir tut es auch leid. Ich wollte dich nicht so anschnauzen Xander. Und Willow, Baby, ich wollte dir nicht wehtun! Ich wollte dich nicht schlagen! Ich wollte dich nicht beleidigen! Ich wollte..“

 

Ihre Worten wurden in ihren Tränen erstickt. Willow kam zu ihr herüber, umarmte sie liebevoll und meinte: „Oh Schatz! Bitte nicht weinen. Du hattest doch keine andere Wahl. Wer weiß, was passiert wäre, wenn du mich nicht aufgehalten hättest! Vermutlich wäre ich dann wirklich zu einem Monster mutiert. Ich muss mich bei dir entschuldigen, weil ich sagte du seihst ein Nichts! Du bist kein Nichts. Du bist mein Baby, mein Schatz, mein Ein und Alles. Ich liebe dich!“

 

„Ich liebe dich auch Willow!“

 

Die beiden küssten sich kurz um dann eng umschlungen da zu stehen und sich gegenseitig beruhigend den Rücken zu streicheln und zu trösten. Der Rest der Gruppe war von der Versöhnung der beiden so gerührt, dass allen Tränen in den Augen standen.

 

Schließlich fielen sich der Rest der Bande ebenfalls in den Armen um sich gegenseitig zu entschuldigen und zu zeigen, dass alles wieder in Ordnung sei. Gemeinsam feierten sie somit eine große Versöhnung. Alle bis auf einen. Spike war im Hintergrund geblieben, und hatte das Geschehen beobachtet.

 

Als jeder sich bei jedem ausgiebig entschuldigt hatte, fiel Giles plötzlich etwas ein und fragte Buffy: „Wie hast du es eigentlich geschafft deine Wut zu unterdrücken, und Asmodeus zu vernichten?“

 

„Spike hat mir geholfen. Ohne ihn hätte ich es nie geschafft. Er hatte die ganze Zeit auf mich eingeredet, und mich beruhigt. Wäre er nicht gewesen, hätte ich jetzt mindestens zwei Menschen auf dem Gewissen. Oder schlimmeres.“

 

Während sie den anderen erklärte, wie Spike ihr geholfen hatte, suchte sie im Raum nach ihm, konnte ihn aber nicht finden.

 

Er hatte sich unbemerkt auf die Veranda zurückgezogen. Er fühlte sich fehl am Platz, da ihn niemand sehen konnte, und Buffy ihm keine Beachtung geschenkt hatte.

 

Etwas Betroffen stellte Giles fest: „Nun, dann schätze ich, sind wir Spike einiges Schuldig. Ich finde es ist höchste Zeit sich bei ihm zu bedanken. Äh.. Buffy, kannst du mir sagen, wo er gerade steht? Ich würde ihm gerne etwas sagen.“

 

„Das würde ich gerne, aber er ist nicht hier.“

 

„Blondy ist nicht hier? Das kann ich mir gar nicht vorstellen“, witzelte Xander und erntete für diese Aussage einen schmerzvolle Berührung mit Willows Ellbogen.

 

Buffy erklärte kurz: „Ich suche ihn“, und ging das Haus ab, um nach ihm zu suchen. Schließlich fand sie ihn auf der Veranda stehend.

 

„Spike? Warum bist du verschwunden? Giles und die anderen möchten dich sprechen.“

 

„Was? Das soll wohl ein Witz sein. Schon vergessen? Ich bin doch ein Nichts oder?“

 

„Spike bitte! Du weißt doch, dass ich das nicht so gemeint habe. Ich bin froh dass du hier bist. Ohne dich, hätte ich das nie geschafft! Ich bin froh, dass du bei mir bist.“

 

„Ist das alles? Du bist froh? Worüber genau? Dass ich dir nachlaufe wie ein Hund? Dass mich niemand sehen kann außer dir? Dass ich dich nicht berühren und dir nicht zu nahe treten kann? Worüber bist du am meisten froh?“

 

„So habe ich das nicht gemeint.“

 

„Also dann bist du also nicht froh? Ich verstehe. Ich gehe dir ja immer auf die Nerven nicht war? Aber um die Welt zu retten, und um dich davor zu bewahren deine Freunde zu töten, da bin ich wieder gut genug.“

 

„Spike was soll das? Warum bist du so sauer? Wenn du dich weiter so aufführst wie ein beleidigtes Kind, dann habe ich gute Lust das Amulett wieder abzulegen.“

 

„Bitte! Tu es! Dann muss ich mir eure Gefühlsduselei nicht mehr mit ansehen.“

 

„Ganz wie du willst!“

 

Mit diesen Worten griff sie das Amulett und zog es über ihren Kopf, worauf Spike sofort verschwand.

 

****

 

Wieder im Nichts aus hellem Licht und Nebel, verfluchte sich Spike selbst für seine Worte. Er wusste eigentlich gar nicht genau, weshalb er so wütend gewesen war. Vielleicht, weil er es einfach satt hatte als unsichtbarer Geist im Leben der Frau zu stehen, die er über alles liebte. Vielleicht weil ihm immer mehr bewusst wurde, dass er ihr in diesem Zustand nicht das bieten konnte, was sie verdient hätte. Er konnte sie nicht mal in den Arm nehmen. Sie nicht berühren. Sie nicht einmal riechen.

 

Er würde alles geben, um sie nur noch einmal im Arm halten zu dürfen. Sie nur noch einmal spüren zu dürfen. Nur noch einmal. Und wenn er dafür für immer verschwinden müsste, oder für immer in dieser Hölle sein müsste, alles wäre ihm egal. Wenn er sie nur noch einmal halten dürfte.

 

Dies alles war ihm schmerzlich bewusst geworden, als er Willow und Kennedy glücklich versöhnt beobachtet hatte, wie sie sich geküsst und umarmt hatten. Und als alle anderen sich ebenfalls versöhnend umarmt hatten. Buffy hatte ihn in diesem Augenblick nicht mehr wahrgenommen. Hatte ihn nicht mehr gesehen und auch nicht bemerkt, wie er weggegangen war.

 

In diesen Augenblicken, war ihm klar geworden, dass er niemals einen wahren Platz in ihrem Herzen einnehmen könnte. Er wäre einfach immer nur da. Mehr nicht. Damit musste er sich nun abfinden.

 

****

 

Buffy stapfte verärgert zu den anderen ins Wohnzimmer und drückte Giles im Vorbeigehen das Amulett in die Hand.

 

„Hier, er ist im Moment nicht zu sprechen“, kommentierte sie nur, während sie nach oben in ihr Zimmer ging.

 

****

 

 

Folge 9