Folge 3

 

Andrew wollte auf keinen Fall alleine schlafen, so ließ sich Xander nach einer langen Überredung dazu erweichen sein Bett mit ihm zu teilen. Dawn hatte ebenfalls Angst alleine in ihrem Zimmer zu liegen und war froh, dass Buffy sie bei sich einlud.

 

Sie hielt ihre schlafende Schwester liebevoll im Arm und beobachtete sie. Buffy konnte nicht einschlafen. Sie war so aufgeregt gewesen darüber, dass Spikes Aussage wirklich gestimmt hatte. Sie war todmüde und konnte es auch nicht erwarten endlich mit ihm zu sprechen, vor allem nachdem sie jetzt wusste, dass es nicht nur ein Traum war. Doch sie konnte einfach nicht schlafen.

 

Sie schloss abermals ihre Augen und versuchte an etwas anderes zu denken. Sie konzentrierte sich auf ihren morgigen Arbeitstag, und auf den sympathischen Mr. Willington.

 

„Was ist das für ein Kerl? Ist er dein neuer Lover?“

 

Buffy und Spike begegneten sich wieder in Buffys Traum. Sie konnten sich sehen und standen sich dicht gegenüber.

 

„Wer, Mr. Willington? Nein! Wie kommst du denn da drauf?“

 

„Na, wenn ich mir deine Gedanken so ansehe, ich weiß nicht. Der scheint dir ja gut zu gefallen?“

 

„Was ist? Sind wir etwa eifersüchtig?“

 

„Was ich? Nein wieso? Sollte ich?“

 

„Spike, wenn du schon in meinen Gedanken liest, dann solltest du auch lesen, dass ich nicht das Geringste für diesen Mann empfinde. Ich finde ihn einfach nur nett.“

 

„Ich kann deine Gedanken lesen, aber nicht deine Gefühle. Und das auch nur wenn du hier bist.“

 

„Also wenn ich schlafe, oder nicht bei Bewusstsein bin?“

 

„Ja, genauso, wie du die meinen lesen kannst.“

 

„Stimmt. Und im Moment stelle ich gerade fest, dass du dir Sorgen machst. Was ist los?“

 

„Ich bin mir nicht sicher. Aber ich glaube hier braut sich etwas zusammen.“

 

„Das Urböse?“

 

„Nein. Es fühlt sich anders an. Menschlicher.“

 

„Du kannst es fühlen? Wie soll ich das verstehen?“

 

„Damals als ich im Keller der High School war konnte ich das Urböse spüren. Doch dies hier fühlt sich anders an. Es ist etwas anderes.“

 

„OK, und wo? Du sagtest „hier“ würde sich etwas zusammen brauen. Wo ist „hier“?“

 

„Ich glaube hier in Sunnydale.“

 

„Wie kommst du darauf?“

 

„Ich glaube, dass ich noch immer hier bin, oder war. Ich kann es nicht beschreiben. Es ist so ein Gefühl. Ich konnte einmal kurz etwas sehen. Es sah ziemlich verwüstet aus. Nach deiner Beschreibung könnte es der Höllenschlund gewesen sein. Und ich glaube, dass ich immer noch hier bin.“

 

„Gut, dann werde ich nach Sunnydale fliegen, und mich dort einmal umsehen. Vielleicht finde ich dich ja dort?“

 

„Musst du morgen nicht arbeiten? Bei diesem umwerfend gut aussehenden Mr. Willinton“

 

„Oh verdammt! Das stimmt. Ich brauch den Job ganz dringend. Im Moment stehen wir finanziell nicht besonders gut da. Und wenn ich gleich an meinem ersten Arbeitstag nicht erscheine, dann kann ich mir den Job in die Haare schmieren. Was mache ich nur?“

 

„Schick doch jemand anderen hin.“

 

„Ich könnte Willow und Kennedy schicken. Ich würde aber viel lieber selber dort hinfahren. Was ist, wenn sie nicht ordentlich genug nach dir suchen?“

 

„Buffy, ich bin nicht wichtig. Ich will nicht, dass du hier her kommst, um nach mir zu suchen. Ich habe dir das nur erzählt, weil ich fürchte, dass hier etwas Übles am Laufen ist.“

 

„Für mich bist du wichtig.“

 

„Das bin ich nicht.“

 

„Hey! Hörst du schlecht? Ließ gefälligst meine Gedanken! Du bist mir wichtig. Und ich will nicht, dass du zu Unrecht leidest. Wir werden einen Weg finden, dir zu helfen, OK?“

 

„Wer sagt, dass es zu unrecht ist, dass ich hier gefangen bin?“

 

„Ich sage das! Wenn du nicht gewesen wärst, dann gäbe es keine Welt mehr. Du hast alles riskiert um deine Seele wiederzubekommen, und um ein besserer Mann zu werden. Und das bist du auch geworden! Du hast dein Leben gegeben um diese Welt zu retten. Du hast es nicht verdient in der Hölle zu schmoren.“

 

„Buffy lass gut sein. Ich glaube nicht, dass ihr mir helfen könnt. Das spielt auch gar keine Rolle. Ich wollte dich nur vor dieser Gefahr warnen.“

 

„Sag das nicht. Für mich spielt es eine Rolle. Und mir ist egal, was du darüber denkst. Ich werde versuchen dir zu helfen. Ob du willst oder nicht.“

 

„Das ihr Summers-Frauen immer so stur sein müsst?“

 

„Das liegt uns im Blut.“

 

Buffy und Spike unterhielten sich noch eine ganze weile, bis Buffy schließlich in einen erholsamen tiefen Schlaf glitt. Als am Morgen der Wecker klingelte fühlte sie sich zum ersten Mal seit langem wieder etwas erholt und ausgeruht. Sie bereitete sich für ihren ersten Arbeitstag vor.

 

****

Am Frühstückstisch saßen alle beisammen.

 

Buffy: „Willow, Kennedy könntet ihr mir einen Gefallen tun?“

 

Willow: „Was denn?“

 

Buffy: „Könntet ihr bitte zurück nach Sunnydale fliegen und dort nach dem Rechten sehen?“

 

Willow: „Sunnydale? Aber wieso? Dort ist doch alles in Schutt und Asche begraben.“

 

Buffy: „Ich hatte vergangene Nacht wieder von Spike geträumt. Besser gesagt, ich habe mich wieder mit ihm unterhalten. Er sagte, er hätte das Gefühl, dass sich dort etwas zusammen brauen würde.“

 

Xander: „Du schickst Willow und Kennedy den weiten Weg bis nach Sunnydale, obwohl wir uns im Augenblick das Geld für den Flug nicht leisten können, nur weil Spike von dem wir nicht einmal genau wissen, ob er nicht doch nur in deinen Hirngespinsten existiert, behauptet das er ein Gefühl hat?“

 

Buffy: „Ich dachte das Thema wäre geklärt. Ich dachte ihr würde mir glauben, wenn ich euch sage, dass ich tatsächlich mit ihm sprechen kann. Ich hab keine Ahnung wo er ist, oder was er im Moment ist. Aber ich weiß, dass er mich nicht anlügt. Und wenn er sagt, dass er das Gefühl hat, dass sich Ärger anbahnt, dann glaube ich ihm. Wenn ich handle, dann meistens auch nur aus Instinkten und Gefühlen. Ich finde wir sollten es zur Sicherheit überprüfen, bevor es zu spät ist.“

 

Andrew: „Was ist, wenn es nicht Spike ist, der dir im Traum begegnet? Was ist, wenn es das Urböse ist?“

 

Xander: „Es fällt mir schwer es zu sagen, aber ich finde Andrew hat recht. Was ist, wenn es wirklich das Urböse ist?“

 

Buffy: „Das Urböse ist keinem von uns je im Traum erschienen, sondern immer nur in Gestalt von Verstorbenen. Gut OK, Spike ist gestorben, aber das ist nicht dasselbe. Ich kann ihn nicht nur sehen und mit ihm sprechen, sondern ich kann ihn auch fühlen! Ich spüre seine Nähe. Und selbst wenn es das Urböse ist, dann finden wir es auch nur heraus, wenn wir der Sache nachgehen.“

 

Dawn: „Und was, wenn es eine Falle ist?“

 

Buffy: „Das Risiko müssen wir eingehen. Willow du bist eine fähige Hexe, und Kennedy eine gute Jägerin. Ihr beide seid ein unschlagbares Team. Aber seid bitte vorsichtig. Untersucht den Höllenschlund. Schaut nach, ob dort irgendetwas Ungewöhnliches vor sich geht, und dann kehrt sofort wieder hier her zurück, OK?“

 

Willow: „Ist gut. Ich bin einverstanden.“

 

Kennedy: „Ich auch. Ich fürchte mich nicht vor dem Urbösen.“

 

Buffy: „Ich glaube nicht, dass es mit im Spiel ist. Ich bin mir zwar nicht sicher, ob wir es wirklich vernichten konnten, aber zumindest haben wir ihm einen kräftigen Schlag versetzt, von dem es sich erst noch erholen muss. Also denke ich, dass Spike recht hat und es sich dabei um etwas anderes handelt.“

 

Willow: „Wenn dort etwas ist, dann werden wir es finden.“

 

Willow und Kennedy machten sich gleich daran, etwas für die Reise einzupacken. Buffy musste zu ihrer Arbeit gehen, wollte aber vorher noch mit Willow reden. Sie ging zu ihr ins Zimmer. Kennedy war währenddessen im Badezimmer.

 

„Willow, ich hätte da noch eine Bitte.“

 

„Schieß los.“

 

„Wenn ihr in Sunnydale angekommen seid, könntest du dort nach Spike suchen?“

 

„Sicher, aber wie soll ich ihn finden? Und vor allem wo?“

 

„Kein Ahnung. Ich dachte du könntest eventuell mit Magie...?“

 

„Buffy du weißt doch, dass ich keine schwierigen Zauber mehr ausführe, wenn es nicht sein muss.“

 

„Ja, ich weiß, aber könntest du nicht eine Ausnahme machen? Bitte. Du sagtest, dass du dich sicherer fühlst, was das Zaubern angeht, seit du das mit der Sense gemacht hattest.“

 

„Schon, aber ...“ Willow sah in die flehenden Augen ihrer Freundin „also gut. Ich werde versuchen ihn zu finden. Versprochen.“

 

„Danke Will!“

 

****

 

Buffy rauchte der Kopf. Mrs. Simon hatte ihr alles, was sie für ihre Arbeit im Büro des Museums wissen musste in Rekordgeschwindigkeit erklärt. Völlig verwirrt und ein wenig überfordert besah sie sich nun den Stapel Akten vor ihr. Mrs. Simon hatte Buffys Unsicherheit bemerkt, schenkte ihr ein warmes Lächeln und meinte:

 

„Keine Sorge Mrs. Summers. Ich erkläre Ihnen alles noch einmal in Ruhe. Ich bin immer ein bisschen schnell im Reden wissen Sie? Aber Sie brauchen keine Angst zu haben. Ich zeige Ihnen alles, was sie wissen müssen. Und falls Sie später mal Probleme haben sollten, dann dürfen sie mich jederzeit gerne zuhause anrufen. Ich werde Ihnen helfen so gut ich kann.“

 

„Vielen Dank, das ist sehr nett von Ihnen. Ehrlich gesagt, habe ich mir tatsächlich Sorgen gemacht, ob ich dieser Arbeit wirklich gewachsen bin.“

 

„Ach Unsinn. Sie schaffen das schon! Sie werden schon sehen.“

 

„Ich hoffe sie haben Recht. Ach ja, und falls Sie mal Ärger mit Dämonen haben sollten, dann dürfen sie mich ebenfalls gerne anrufen.“

 

„Wie bitte?“

 

„Ach vergessen sie’s. Kleiner Scherz.“

 

****

 

Andrew saß unruhig in der Küche und sah sich, auf jede Bewegung achtend, vorsichtig um. Buffys Handy, das auf dem Küchentisch lag klingelte wieder, was ihm einen Mordschrecken einjagte! Nachdem er sich von seinem Schreck etwas erholt hatte, nahm er das Gespräch an.

 

„Hallo?“

 

Giles war in der Leitung und fragte: „Andrew bist du das?“

 

„Natürlich! Und wer sind Sie?“

 

„Verzeihung. Ich bin’s Rupert Giles. Ist Buffy hier?“

 

„Nein. Sie hat jetzt eine Job im Museum.“

 

„Verstehe. Und was ist mit den anderen?“

 

„Xander ist auch in der Arbeit. Dawn ist in der Schule, und Willow und Kennedy sind nach Sunnydale geflogen.“

 

„Wieso denn das?“

 

„Äh, nun ja, ... Xander muss arbeiten, Dawn muss lern...“

 

„Andrew du Tölpel! Ich wollte wissen weshalb Willow und Kennedy nach Sunnydale geflogen sind.“

 

„Buffy hat sie dort hingeschickt, weil Spike gesagt hat, dass sich dort etwas zusammen braut.“

 

„Spike? Andrew was erzählst du mir da für einen Unsinn. Spike ist tot!“

 

„Ja schon, aber Buffy behauptet sie könne mit ihm sprechen. Ich weiß auch nicht. Am besten Sie lassen es sich von ihr selbst erklären.“

 

„Das wird wohl das Beste sein.“

 

„Haben Sie etwas über unseren Geist erfahren? Rufen Sie deswegen an? Es ist nämlich so, ich bin hier ganz alleine, und ich fühle mich nicht besonders wohl dabei.“

 

„Das kann ich mir denken. Und ja, das war eigentlich der Grund meines Anrufes. Aber da im Moment ja niemand hier ist, werde ich es später noch einmal versuchen müssen.“

 

„Hey! Bin ich denn niemand? Sie können es mir doch auch sagen.“

 

„Nun ja, ich bin mir nicht sicher, ob das eine so gute Idee ist, aber meinetwegen. Nach den Angaben, die mir Willow gegeben hatte, handelt es sich vermutlich um einen Hausgeist oder besser gesagt einen Kobold. Er ist nicht besonders gefährlich. Sondern eher ein unangenehmer Zeitgenosse. Es gibt die Sage, dass man sich mit einer Schüssel Rahm oder Milch mit ihm gut stellen soll. Oder auch etwas Milchreis. Andernfalls kann es sein, dass er ziemlich viel Ärger macht. Allerdings richten sie in der Regel nur geringere Schäden an. Ihr könntet ja mal etwas in der Art versuchen. Solltet ihr in der Lage sein, ihn einzufangen, dann würde er sichtbar werden. Es wird auch berichtet, dass man ihn wieder loswird, wenn man ihm neue Kleider schenkt, aber das halte ich eher für ein Gerücht.“

 

„OK, und wie kann man ihn einfangen?“

 

„Angeblich indem man eine Schüssel Rahm oder Milch aufstellt, und sie mit Leim beschmiert. Der Kobold bleibt dann dort kleben, und wird für denjenigen, der ihn gefangen hat sichtbar.“

 

****

Buffy hatte gehofft Mr. Willington zu treffen, um sich nochmals für das Vergessen seiner Einladung entschuldigen zu können. Doch bisher hatte sie kein Glück. Laut Mrs. Simon, die im Moment gerade im Waschraum befand, da sie sich nicht besonders wohl fühlte, war dieser irgendwo geschäftlich unterwegs wegen der neuen Abteilung für antike Waffensammlungen.

 

Ein ihr fremder Herr trat nun in das kleine Büro und blickte erwartungsvoll auf Buffy.

 

„Wo ist Mrs. Simon?“

 

„Ähm... sie musste kurz weg, ihr ging es nicht gut.“

 

„Wohl wegen der Schwangerschaft.“

 

„Vermutlich.“

 

„Man sollte den Frauen verbieten schwanger zu werden! Nichts als Ärger hat man damit.“

 

Buffy sah sich den Mann entgeistert an. Nach den Beschreibungen von Mr. Willington und Mrs. Simon musste dies wohl Mr. Morgan der Museumsdirektor sein. Er war etwas kleiner als Giles, untersetzt, hatte dünnes schmieriges Haar, welches ihm viel zu lang ins Gesicht hing. Obwohl er einen ordentlichen Anzug trug wirkte er schmuddelig und ungepflegt. Buffy konnte deutlich seinen schlechten Atem riechen, obwohl sie mindestens zwei Meter von ihm entfernt am Bürotisch saß. Und seine Ansichten über schwangere Frauen ließen ebenfalls kein sympathisches Licht auf ihn werfen. Offensichtlich schien ihm erst jetzt richtig bewusst zu werden, dass da eine fremde Frau auf Mrs. Simons Platz saß, denn nun fragte er ebenso unfreundlich wie zuvor:

 

„Wer sind Sie eigentlich? Was haben Sie hier zu suchen?“

 

Buffy versuchte so freundlich wie möglich zu sein. Sie stand auf und streckte ihm über dem Schreibtisch die grüßende Hand entgegen. Sie überlegte kurz, ob sie um den Schreibtisch herumgehen sollte, doch dann wäre sie diesem übel riechenden Atem direkt ausgeliefert, weswegen sie sich doch dafür entschied Abstand zu halten.

 

„Mein Name ist Buffy Summers. Mrs. Willington hat mich gestern eingestellt. Ich bin die Nachfolgerin für Mrs. Simon.“

 

Mr. Morgan schien sich nicht für Buffys freundliche Begrüßung zu interessieren. Er ignorierte ihre zum Gruß gerichtete Hand und fing an den Stapel Akten auf dem Schreibtisch völlig durcheinander zu bringen, den Buffy zuvor mit größter Mühe sortiert hatte. Buffy versuchte freundlich zu bleiben und fragte:

 

„Kann ich Ihnen helfen?“

 

„Ja! Werden sie ja nicht schwanger.“

 

Offensichtlich hatte er gefunden wonach er gesucht hatte. Mit einer Akte in der Hand kehrte er Buffy den Rücken und verließ wieder das Büro. Völlig sprachlos ließ sich Buffy wieder in den Bürostuhl fallen und verzweifelt starrte auf das Chaos, das Mr. Morgan auf ihrem Schreibtisch hinterlassen hatte.

 

****

 

Willow und Kennedy hatten Glück, und hatten gleich am Morgen einen Flug bekommen. Da es den Flughafen in Sunnydale nicht mehr gab mussten sie auf eine nahegelegene Stadt ausweichen. Und so waren sie nun mit einem Leihwagen unterwegs zum Höllenkrater.

 

Willow war nicht sonderlich überrascht, etwa eine Meile vor dem Krater auf eine Straßensperre zu stoßen, wo einige Soldaten sie aufhielten, die ähnlich gekleidet waren, wie die Soldaten von der Initiative. Sie hatte sich kurz überlegt, mit Hilfe eines Zaubers durch die Sperre zu gelangen, entschied sich dann aber erst noch einen anderen Weg zu versuchen.

 

Überrascht beobachtete Kennedy, wie ihre Freundin auf die Straßensperre zufuhr, und dort freundlich mit einem der Soldaten sprach. Sie fragte nach Agent Riley Finn. Der Soldat nickte nur, um dann einem anderem etwas zu zuflüstern, welcher daraufhin in ein Zeltquartier eilte. Wenig später kam dieser wieder zurück und gab Willow die Erlaubnis hindurch zu fahren.

 

„Willow, wer ist Agent Riley Finn?“

 

„Er war der Freund von Buffy. Ist eine lange Geschichte. Ich erzähl sie dir später.“

 

Als sie wenig später am Krater ankamen, kam ihnen wieder ein Soldat entgegen. Es war Riley. Er hatte über Funk von Willows Ankunft erfahren und begrüßte die beiden freundlich.

Nachdem sie Willow ihre Freundin vorgestellt hatte, wollte Riley nun wissen:

 

„Wisst ihr, was hier passiert ist? Geht es Buffy gut? Sie ist doch nicht...?“

 

Willow berichtete Riley kurz was alles geschehen war. Sie erzählte ihm von dem Urbösen, von dem großen Kampf, von den schweren Verlusten, die sie erlitten hatten. Dass Spike die Welt gerettet hat und dass es Buffy, Dawn, Xander und den anderen Überlebenden gut ging. Sie erzählte ihm, dass sie jetzt zusammen in Cleveland wohnten, weil dort laut Giles Angaben ein weiterer Höllenschlund sein soll. Aufmerksam hatte Riley Willows Bericht gelauscht.

 

„Und weshalb seid ihr jetzt hier?“

 

„Buffy hat geträumt, dass sich hier irgendetwas Übles zusammen brauen soll. Wir sind hier um der Sache auf den Grund zu gehen.“

 

Sie erzählte absichtlich nichts davon, dass die Information angeblich von Spike stammte. Sie war sich selbst nicht sicher, ob Buffy sich dies nicht nur eingebildet hatte. Sie war nur ihr zuliebe hier hergekommen, um sie möglicher Weise auch davon zu überzeugen zu können, dass hier nichts ungewöhnliches passierte und Spike nur ihn ihrer Phantasie existierte. Sie hatte ihr aber auch versprochen nach Spike zu suchen, und dieses Versprechen wollte sie halten.

 

„Riley, ich nehme an, deine Männer haben das ganze Gebiet hier genauestens inspiziert. Ist euch vielleicht etwas Ungewöhnliches aufgefallen?“

 

Willow hoffte auf ein Nein.

 

„Uns ist tatsächlich etwas aufgefallen. Etwa vor zwei Nächten müssen hier Unbefugte unbemerkt an unseren Wachen vorbeigekommen sein. Wir haben in der Mitte des Kraters eine Grabungsstätte entdeckt. Uns ist schleierhaft, wie hier jemand hereinkommen konnte. Leider haben sie kaum Spuren hinterlassen. Wenn ihr wollt, dann führe ich euch dort hin. Die Untersuchungen sind offiziell abgeschlossen. Es dürfte keine Probleme geben, wenn ich euch die Stelle zeige.“

 

Willow und Kennedy folgten Riley zu einem Jeep, mit dem sie dann über eine provisorisch angelegte Straße direkt in den Krater des Höllenschlundes fuhren. Der Anblick war beängstigend. Überall lagen Schutt und Reste einer versunkenen Stadt. Vereinzelt konnte man noch die Reste von Gebäuden erkennen. Autowracks, entwurzelte Bäume, Reste von aufgerissenen Straßen und viele persönliche Gegenstände von Menschen, von denen hier niemand mehr wohnte. Willow starrte im Vorbeifahren einer Hauswand hinterher. Ihr kam diese Hauswand so vertraut vor, doch sie erinnerte sich nicht mehr zu welchem Gebäude sie einst gehört hatte. Sie fuhren ein ganzes Stück durch die versunkene Stadt, bis Riley schließlich den Wagen anhielt. Er führte die beiden Frauen zu der Grabungsstätte.

 

Willow blickte sich kurz um, betrachtete die herumliegenden Steine und Reste von Gebäuden. Sie ließ ihren Blick über die Erde schweifen und entdeckte einige Dinge, die ihr Vertraut vorkamen. Schulbücher, eine Wandtafel, wie sie nur in Schulen vorkam, ein Banner von der Schulmannschaft. Es gab keinen Zweifel! Sie befanden sich direkt an der Stelle, wo das Zentrum des Höllenschlundes war. Ein Blick um die ganze Gegend herum bestätigte ihren Verdacht. Sie befanden sich genau in der Mitte des Kraters. Als hätte Riley ihre Gedanken gelesen äußerte er: „Wir befinden uns hier genau in der Mitte. Sagt dir das etwas?“

 

„Ja. Hier hat der Kampf stattgefunden. Hier war die neue High School, in dessen Keller sich der Eingang zum Höllenschlund befand. Also war hier quasi das Zentrum des Höllenschlundes. Ich frag mich nur, was hier ausgegraben wurde. Eigentlich dürfte hier nichts den Einsturz überstanden haben.“

 

Bei diesen Gedanken erinnerte sie sich wieder an die Tatsache, dass auch Spike offensichtlich diesen Einsturz nicht überlebt haben dürfte und doch behauptete Buffy, dass sie mit ihm sprechen konnte.

 

„Meine Männer haben das Gebiet hier genauestens überprüft und konnten dabei leider nichts finden, was auf die Identität derer, die hier gruben hinweist. Aber wir sind uns sicher, dass es keine Menschen waren, da sie auf irgendeine Weise an allen unseren Sicherheitsvorkehrungen vorbeigekommen sind.“

 

„Entweder das, oder sie haben Magie benutzt.“

 

„Magie? Daran haben wir noch gar nicht gedacht. Bisher hatten wir angenommen, dass es sich um irgendwelche Subterraner handelt. Kannst du hier irgendetwas wahrnehmen, das darauf hindeutet, dass hier Magie am Werk war?“

 

„Ja, ganz deutlich. Es ist noch nicht lange her, dass an diesem Ort hier gezaubert wurde. Entschuldigt mich bitte einen Moment?“

 

Willow stieg die Grabungsstätte hinunter, um sich die Stelle genauer zu betrachten. Und um das Versprechen einzulösen, dass sie Buffy gegeben hatte. Sie setzte sich im Schneidersitz auf den staubigen Boden und legte ihre Hände auf die Erde. Sie fing an sich zu konzentrieren und einige lateinische Formeln vor sich hinzumurmeln. Kennedy, die die ganze Zeit nur stumm daneben gestanden hatte, wechselte einen kurzen fragenden Blick mit dem Soldaten und beobachtete dann weiter ihre Freundin.

 

Willow konnte ganz deutlich die magischen Schwingungen spüren, die ein Zauber vor nicht allzu langer Zeit hier hinterlassen hatte. Leider konnte sie nicht herausfinden, von wem der Zauber ausgeführt wurde, aber nach der Intensität der Schwingungen musste es sich um eine Person oder ein Wesen handeln, dass über große Macht verfügte. Sie entschloss, sich nun auf ihr Versprechen zu konzentrieren, und suchte nach einem Hinweis, der auf die Existenz von Spike hindeuten könnte.

 

****

 

Als Buffy völlig erschöpft von der Arbeit nachhause kam, achtete sie nicht auf die Schüsseln mit Milch, die im ganzen Haus verteilt waren, sondern holte sich nur etwas zu trinken aus dem Kühlschrank und setzte sich auf die Veranda um ein wenig zu entspannen. Später kam auch Xander. Dieser fing laut an zu fluchen, nachdem er das Haus betreten hatte, woraufhin Buffy ebenfalls ins Haus ging um nachzusehen, weshalb sich Xander aufregte.

 

„Andrew! Verdammt was soll das? Igitt!!“

 

Xander hatte eine der Schüsseln in der Hand und hielt sie angeekelt von sich. Der Rand der Schüssel war über und über mit Kaugummis beklebt, was deutlich an Xanders zweiter Hand zu erkennen war, die an einem solchen festklebte und die klebrige Masse in die Länge zog. Buffy musste lachen, als sie Xander so dastehen sah.

 

„Was gibt es hier zu lachen? ANDREW!!“

 

Schüchtern trat der Gerufene von oben herunter und verstand nicht so recht, weshalb Xander offensichtlich mal wieder sauer auf ihn war.

 

„Was ist los? Ist was passiert? Steht schon wieder ein Weltuntergang bevor?“

 

„JA! Und zwar genau hier!“

 

Xander deutete mit der klebrigen Schüssel auf Andrew und funkelte ihn böse an.

 

„Das ist eine Koboldfalle. Giles hat mir gesagt, wie man so etwas macht.“

 

„Warum zu Teufel stellst du hier eine Koboldfalle auf? Hast du jetzt komplett den Verstand verloren? Ach halt, du hattest ja noch nie welchen.“

 

Etwas umständlich versuchte sich Xander von dem Kaugummi zu befreien, verklebte sich dadurch jedoch nur noch mehr, sodass nun auch seine zweite Hand mit Kaugummifäden übersät war.

 

„Wühaahh! Igitt! Könnte mir mal jemand helfen?“

 

Buffy musste immer noch lachen. Xander sah urkomisch aus mit der Schüssel in der Hand. Durch seine ständigen Befreiungsversuche verschüttete er die ganze Milch über seine Hände und auf den Boden, was Andrew gar nicht gefiel.

 

„Pass doch auf. Ich hab erst heute den Boden gewischt.“

 

„Das ist mir egal! Buffy tu doch was, bitte!“

 

Buffy nahm Xander an der Schulter und führte ihn in die Küche. Auch hier stand eine von Andrew präparierten Schüsseln auf dem Küchentisch. Andrew folgte den beiden. Während Buffy Xander von dem Kaugummi befreite, fragte sie noch mal nach:

 

„Also Giles hat dir gesagt, dass du das machen sollst?“

 

„Ja,“ grummelte Andrew vor sich hin. Er fühlte sich ungerecht behandelt. Schließlich wollte er ja nur den Kobold fangen.

 

„Hat Giles gesagt, dass wir einen Kobold im Haus haben?“

 

„Ja, sagte ich doch. Er hatte heute angerufen und gemeint, dass unser Geist ein Kobold ist. Und er hat mir erklärt, wie man einen Kobold fängt.“

 

„Mit Milch und Kaugummi?“

 

„Na ja, eigentlich meinte Giles ich sollte die Schüsseln mit Leim einpinseln, aber ich fand keinen Leim, deshalb hab ich Kaugummi genommen. Der klebt auch.“

 

„Ja das sieht man. Jedenfalls scheint deine Falle zu funktionieren? Auch wenn es nicht gerade ein Kobold ist, den du erwischt hast.“

 

Buffy konnte es sich nicht verkneifen Xander breit anzugrinsen, während sie vorsichtig die Schüssel von seinen Händen befreite, ohne selber zu verkleben. Xander war sauer wegen des Kaugummis, was durch Buffys Schadenfreude nur verstärkt wurde. Nachdem er nun mit Buffys Hilfe wieder von allen klebrigen Substanzen befreit war, verließ er die Küche um sich eine entspannende Dusche zu gönnen. Er brauchte dringend Abstand von all dem hier. Als Andrew sah, dass Xander ins Bad ging wollte er ihn noch vor einer weiteren Schüssel warnen, merkte allerdings das es schon zu spät war, da ein lautstarkes Fluchen begleitet von einem Klirren aus diesem Raum kam. Offensichtlich war Xander direkt in eine der Schüsseln getreten.

 

„ANDREW!!“

 

****

 

Kennedy beobachtete besorgt ihre in der Grabungsstätte sitzende Freundin. Willow saß dort nun schon seit einigen Minuten regungslos und mit angestrengtem Gesichtsausdruck. Kennedy wollte schon zu ihr nach unten gehen, als diese im selben Moment erschöpft in sich zusammenbrach. Rasch eilte sie zu ihr, um nach Willow zu sehen. Riley folgte ihr schließlich ebenfalls, da er sich auch Sorgen machte.

 

„Willow, Schatz ist alles Ordnung? Sag was?“

 

Geschwächt lehnte sich Willow gegen ihre Freundin, die sie liebevoll stützte. Sie genoss die Nähe ihres geliebten Menschen und fand so rasch wieder Kraft. Riley beobachtet skeptisch das vertraute Verhalten der beiden Frauen und fragte dann: „Hast du etwas herausgefunden?“

 

„Buffy hat Recht.“

 

**** ****

 

Folge 4